Chronik
Von 1866 bis 1869 hielt Johannes-Joseph Scherer (1814-1869) zweimal wöchentlich eine Hygienevorlesung. Er gründete in der Maxstraße 4 (heutiges Gelände des Mozart Gymnasiums) in Würzburg das „Medizinische Institut für Chemie und Hygiene“. Scherer war zuvor seit 1847 schon ordentlicher Professor für Chemie in Würzburg.
Nach E. Haeckel bildete er zusammen mit Virchow und Koelliker das berühmte „Würzburger Kleeblatt".
Am 1.5.1870 erfolgte die Ernennung von Nicolaus Alois Geigel (1829-1887) zum ordentlichen Professor der Poliklinik und Hygiene in der medizinischen Fakultät der Universität Würzburg. Er veröffentlichte zahlreiche Beiträge zur Sozialhygiene und zur öffentlichen Gesundheitspflege. 1885 erfolgte der Umzug aus den unzureichenden Räumen im Erdgeschoß des Hauses Klinikstraße 1 in drei große und luftige Räume im Erdgeschoß des medizinischen Kollegienhauses (Koellikerstr. 2). Am 9. Februar 1887 verstarb Geigel. In den Monaten zuvor war er durch den Privatdozenten Georg Matterstock vertreten worden, der später die Leitung der abgetrennten Poliklinik übernahm.
Karl Bernhard Lehmann (1858-1940), ein Schüler Pettenkofers und junger experimenteller Hygieniker, wurde im Jahr 1887 als Extraordinarius zum Vorstand des neuen Instituts für Hygiene berufen. 1894 erfolgte die Ernennung zum ordentlichen Professor. Zusammen mit seinem Assistenten R.O. Neumann (später Ordinarius für Hygiene in Hamburg) veröffentlichte Lehmann 1896 den „Atlas und Grundriß der Bakteriologie.“ Dieses epochale Werk (bis 1926/1927, 6 erweiterte Neuauflagen) legte den Grundstein der Bakterienklassifikation und war allen nachfolgenden Werken Grundlage und Vorbild. Ferner lieferte Lehmann bedeutende Beiträge auf dem Gebiet der Gewerbehygiene und Toxikologie, so dass die erste Jahresversammlung der „Deutschen Gesellschaft für Gewerbehygiene“ folglich 1924 auch in Würzburg stattfand. 1910 wurde die Bakteriologische Untersuchungsanstalt Würzburg geschaffen und dem Hygiene-Institut angegliedert. Im Jahr 1922 zog das „hygienische“ Institut in die Räume des bisherigen pathologischen Institutes in die Koellikerstr. 4 um. Am 1.11.1932 wurde Lehmann in den Ruhestand versetzt, er verstarb hochgeehrt im Jahre 1940.
Nachfolger von Lehmann wurde 1932 der Kisskalt Schüler Maximilian Knorr (1895-1985). Am 1. Dezember 1938 erfolgte der Umzug in das Institutsgebäude in die Nachbarschaft der an den Stadtrand verlegten neuen Universitätskliniken („Staatliches Luitpoldkrankenhaus“) in die Josef-Schneider-Straße 2 (Gebäude E1). Das Gebäude bestand bereits als Professoren-Wohnheim, wurde aber durch Umbau und Anbau neu gestaltet. Er gründete in den neuen Räumen des Instituts für Hygiene die staatliche Lehranstalt für Medizinsche Technische Assistentinnen. Verdienste um Würzburg erwarb sich Knorr durch seine rege Anteilnahme an vielen hygienischen Problemen und Projekten in der Stadt und ihrer Umgebung. Der Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Forschung lag auf dem Gebiet der Wasser- und Bodenhygiene. Mit dem Beginn des zweiten Weltkrieges war Knorr nur noch sporadisch in Würzburg. Nach dem vernichtenden Luftangriff auf Würzburg am 16. März 1945 wurde ab dem 17. März ein hygienischer Behelfsbetrieb in einem Kindergarten in Lengfeld aufrecht gehalten. Auf Anordnung der amerikanischen Besatzungsbehörde schied Knorr im August 1945 aus der Würzburger Medizinischen Fakultät aus. 1950 wurde er rehabilitiert und zugleich zum Vorstand des Hygiene-Instituts der Universität Erlangen ernannt. Als kommissarischer Leiter wurde sein Mitarbeiter Theodor Dimmling (1914-1976) eingesetzt. Ende Oktober 1945 nahm er den Rumpfbetrieb im Institut wieder auf und führte das Institut bis zur Berufung von Sonnenschein im Jahr 1948.
Die von Curt Albert Sonnenschein (1894-1986) entwickelte Phagentypisierung von Bakterien ist auch heute noch eine wichtige Methode zur Aufklärung epidemiologischer Zusammenhänge. Sonnenschein lieferte weiterhin wichtige Beiträge zur praktischen Tropenhygiene. In seine Amtszeit fiel auch der Aufbau einer experimentellen und diagnostischen Pilzabteilung durch seinen Mitarbeiter Friedrich Staib (später Leiter der mykologischen Abteilung des Bundesgesundheitsamtes in Berlin). 1948 wurde die vollständige personelle und räumliche Abtrennung der Medizinal-Untersuchungsanstalt (vorher bakteriologische Untersuchungsanstalt) verfügt, die dann 1959 auch räumlich vollzogen wurde. 1983 wurde diese nun in der Luitpoldstraße 1 gelegene Institution schließlich gänzlich aufgelöst. Mehrfache Anträge an das Staatsministerium, die eine Wiedereinrichtung von Abteilungen für Gewerbehygiene und für Arbeitsmedizin befürworteten, blieben erfolglos. 1964 erfolgte jedoch die Einrichtung eines Lehrstuhls für Virologie (Eberhard Wecker). Dieser Bereich war ursprünglich im Institut für Hygiene angesiedelt und wurde in einen 1970 fertig gestellten Neubau an der Versbacherstraße ausgesiedelt. 1975 wurde zusätzlich noch ein Ordinariat für Immunbiologie geschaffen, welches von Eberhard Wecker übernommen wurde. Der Lehrstuhl für Virologie wurde daraufhin von Volker ter Meulen übernommen. Am 1.4.1962 erfolgte die Emeritierung Sonnenscheins, doch führte er als kommissarische Vertretung das Institut bis zur Ernennung seines Nachfolgers.
Heinz P. R. Seeliger (1920-1997) wurde am 16.4.1965 zum Ordinarius berufen. Unter ihm kam es 1965 und 1972 zur baulichen Erweiterung des Instituts. 1982 verließ die Berufsfachschule für Technische Assistenten in der Medizin das Institut (nun in einen modernen Gebäudekomplex am Straubmühlweg untergebracht). Seeliger war ganz im Geiste Lehmanns langjährig in internationalen Gremien zur Taxonomie und Nomenklatur von Bakterien tätig. Er war ferner Präsident der „International Union of Microbiological Societies“ (IUMS) und Vizepräsident der „International Society of Hygiene and Microbiology“ (ISHAM). Auf dem Gebiet der medizinischen Mykologie leistete er international viel beachtete Beiträge und etablierte das Institut zum Zentrum für medizinisch-mykologische Fragestellungen in Deutschland. Er publizierte ebenfalls bedeutende Arbeiten zur Listeriose und Lebensmittelhygiene. Überdies war das Institut von 1966 bis 1985 eine Zentrale zur Typisierung von Salmonella spp.. Erfolgreich führte er das tropenhygienische Engagement seines Vorgängers fort, insbesondere in Lomé (Togo/Westafrika).
Jürgen Heesemann (geb. 1948), von Prof. Laufs aus Hamburg kommend, übernahm 1989 die Leitung des Instituts. Unter seiner Führung wurde mit der notwendigen Modernisierung der Laboratorien begonnen. Molekularbiologische und immunologische Arbeitsmethoden wurden etabliert. Seine Mitarbeiter und er publizierten in den folgenden Jahren wichtige Beiträge zur Yersinia-Genetik und Immunologie, zur Toxoplasmose-Genetik und zur Pilz-Phylogenie. 1996 folgte Heesemann einem Ruf an das Max von Pettenkofer Institut in München.